Mehr als nur Wörter

Erlernen der Nachbarsprache in der Grenzregion als Beitrag zur europäischen Integration

 Am 24.05. hat das Euro-Institut, im Rahmen der Fête de l’Europe der Ville et Eurométropole de Strasbourg, alle interessierten Personen zu einem deutsch-französischem Workshop ins Kaleidoscoop, eingeladen. Die Veranstaltung widmete sich inhaltlich dem Erwerb der Nachbarsprache in Grenzregionen als Beitrag zur europäischen Integration und wurde von Margot Bonnafous und Louise Weber moderiert.
 
In Arbeitsgruppen befassten sich die rund 20 Teilnehmenden mit Aspekten der Thematik, zum Beispiel mit Stereotypen, Identität sowie Möglichkeiten, den Spracherwerb attraktiver zu gestalten, und arbeiteten Lösungsvorschläge aus.
 
Chloé Faucompré von der Universität Straßburg gab einen Input zur Aufgabe des Nachbarsprachenunterrichts im Grenzraum Oberrhein, ein Thema mit dem sie sich im Rahmen ihrer Promotion tiefgehend beschäftigt hat. Lana Mayer vom Europazentrum Stuttgart, selbst gebürtige Kroatin, sprach zum Thema Grenzen und dem Erlernen der Sprache des Nachbarlandes am Beispiel des Dreiländereck Kroatien-Serbien-Ungarn an der Donau informiert.


Inwiefern könnte das Erlernen der Nachbarsprache attraktiver gestaltet werden?

Es wurde festgestellt, dass mehr Übung in der Nachbarsprache notwendig ist, auch in der Vorbereitung der Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland und Frankreich. In Frankreich stellten die Teilnehmenden fest, dass das Erlernen von Fremdsprachen komplizierter und manchmal enttäuschend ist, vor allem wenn man sich bewusst macht, wie wichtig Sprachen später im Leben der Bürgerinnen und Bürger sein können.
Daher wäre es sinnvoll, mehr Schulpartnerschaften und -austausche von Beginn der Schulzeit an anzubieten, den Unterricht auf den Alltag zu beziehen, um den Schülern näher zu kommen, und auch Menschen mit niedrigem Sprachniveau nicht zu vernachlässigen, indem ihnen intensivere und immersivere Momente in der Nachbarsprache geboten werden.
Dennoch werden die institutionellen Grenzen und Barrieren beim Sprachenlernen deutlich, insbesondere da es einen Unterschied zwischen der echten Sprache, der Alltagssprache, und dem Sprachenlernen in der Schule gibt.
In dieser Arbeitsgruppe kristallisierte sich die Inkohärenz des Sprachenlernens zwischen den Bedürfnissen und Chancen, die Fremdsprachen mit sich bringen, und den Lernangeboten und -kapazitäten, insbesondere im schulischen Umfeld, heraus.


Wie gut kenne ich mein Nachbarland (meine Nachbarn)?
Erfahrungen und Konfrontation mit Stereotypen

Stereotype wurden von den Mitgliedern dieser Gruppe gesammelt, über Franzosen und Deutsche, aber es ist wichtig, nuancieren zu können und die Besonderheiten dieser Stereotype zu verstehen. Beispielsweise ist das Stereotyp, dass Deutsche immer pünktlich sind, zu nuancieren, da es einen Unterschied je nach Kontext gibt, ob beruflich oder privat, wo Pünktlichkeit nicht immer angebracht ist. Andere Stereotypen wie die Vorstellung von Freizeit und Kommunikation (direkt/indirekt, formell/informell) wurden ebenfalls angesprochen.
Es stellte sich also die Frage, wie man den anderen, seine Gewohnheiten und Bräuche besser kennenlernen kann? Eine Möglichkeit, diese Frage zu beantworten, bestand in der Förderung von Schüleraustauschen, aber auch von Austauschen zwischen Vereinen und Clubs oder Organisationen, ganz allgemein in allen Bereichen und auf allen Ebenen der Gesellschaft.


Sprache und Identität in der Grenzregion: Wie kann das Gefühl der Zugehörigkeit zu Europa gestärkt werden?

In Bezug auf die Frage des Zugehörigkeitsgefühls war ein von den Teilnehmenden vorgebrachter Ansatz, gemeinsame Erlebnismöglichkeiten zwischen Franzosen und Deutschen zu schaffen, um gemeinsame Aktionen und Erinnerungen zu haben. Es gibt Veranstaltungen auf beiden Seiten der Grenze, zu denen die Bürgerinnen und Bürger beiderseits der Grenze eingeladen werden, aber manchmal ist es immer noch schwierig, Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Nachbarland zu finden, und es wird nicht genug Wert auf die Beteiligung von Menschen jenseits der Grenze gelegt.
Aus diesem Grund haben die Teilnehmenden überlegt, wie sie diese Hürde überwinden und das Gefühl der Zusammengehörigkeit stärken können. Zunächst einmal gibt es physische Hindernisse, oder die Mobilität der Menschen auf beiden Seiten der Grenze könnte verbessert werden. Auch das Gemeindeleben ist ein Aspekt, der den Zusammenhalt mit dem Nachbarland stärken könnte, indem beispielsweise ein grenzüberschreitender deutsch-französischer Markt (z. B. im Jardin des deux rives Strasbourg) organisiert wird, der ein Symbol für die Freundschaft, den Austausch und den deutsch-französischen Zusammenhalt wäre.  In diesem Zusammenhang erzählte die Vertreterin des Organisationsteams des Europafestes, die auch Chargée de mission de coopération transfrontalière, bilinguisme et cultures rhénanes ist, der Gruppe, dass die Idee, einen gemeinsamen Markt zu installieren, zwar vorhanden sei, aber viele administrative Hindernisse die Umsetzung verhinderten. Sie sagte, dass viele administrative und rechtliche Hindernisse Ideen und Projekte auf grenzüberschreitender Ebene behindern.


Wie können sich Sprachkenntnisse und eine positive gemeinsame Erfahrung (Kultur, Sport, Engagement in der Zivilgesellschaft...) gegenseitig verstärken?

Die Teilnehmenden dieser Gruppe fanden heraus, dass ausgehend von den Emotionen, die Menschen empfinden, die Sprache besser und leichter erlernt werden kann. Dadurch, dass man vor Ort lebt und die Eindrücke und Gefühle vor Ort hat, kann man sich motivieren, die Sprachen gründlicher zu lernen und sich eingehender mit ihnen zu beschäftigen. Dies könnte eine Quelle der Motivation für junge Menschen sein, Sprachen zu lernen. Ein weiterer Aspekt, der angesprochen wurde, war die Tatsache, dass Menschen, die die Nachbarsprache nicht perfekt beherrschen, die Sprache trotzdem sprechen und anwenden sollten, anstatt sich aufgrund von sozialem Druck oder Druck in der Schule zurückzuhalten.
Als konkrete Idee schlug die Gruppe für Jugendliche vor, den Schwerpunkt auf Austauschprogramme, Freizeitaktivitäten oder Sport zu legen, um den Kontakt und den Austausch zwischen jungen Menschen in Deutschland und Frankreich zu stärken und aufzuwerten. Für Erwachsene sind Austauschprogramme und Freizeitaktivitäten ebenfalls wichtig, letztere könnten in Form von Städtebesuchen in Frankreich und Deutschland, gemeinsamen Reisen in Frankreich und Deutschland oder sogar gemeinsamen Reisen in ein Drittland stattfinden.


Zusammenfassung des Workshops :

Die Eindrücke der Teilnehmenden waren, um den Workshop zusammenzufassen, sehr positiv, einige wollten wissen, wie sie die Fortschritte und Neuigkeiten zum Thema unseres Workshops verfolgen können. Alle Teilnehmenden konnten sich beteiligen, das Wort ergreifen und zum Austausch beitragen, wobei die geringe Anzahl an Teilnehmerinnen und Teilnehmern es ermöglichte, mit allen zu sprechen.

 

Organisateurs / Veranstalter